Schwitzhütte
Die Inipi-Zeremonie reinigt uns von all unseren Unterschieden und macht uns eins mit der ganzen Schöpfung.
Archie Fire Lame Deer (*1935 2001), Lakota Chief und Medizinmann
Worum geht es bei der Schwitzhüttenzeremonie?

Bei der Schwitzhütte feiern wir die Verbundenheit. Die Verbindung untereinander in der Hütte. Und mit den Menschen, die uns nahe stehen. Mit der Menschengemeinschaft insgesamt, auch mit denen, die bereits vor uns diese Erde bewohnt haben. Mit der mehr-als-menschlichen Welt, mit der Natur, den Tieren, Pflanzen, Steinen. Und mit dem, was darüber hinaus weist, dem Heiligen, dem Göttlichen.
Wir feiern dies, indem wir uns ganz einlassen auf die Elemente: Feuer, Wasser, Luft, Erde. Dunkelheit und Hitze bestimmen und prägen den Rahmen dieser Zeremonie. Wir lassen uns mit unserem Körper ganz ein und können die Kraft der Elemente ganz unmittelbar spüren.
Die Schwitzhütte ist ein Raum des Gebetes. Es ist ein Gebet mit Körper; Herz und Geist. Unsere Gebete werden sichtbar und greifbar gemacht in den Tabak-Beutelchen (tobacco ties), die wir vorher knüpfen und in die Hütte mitnehmen, hörbar in Liedern, spürbar in der Hitze und unserem Schweiß.
Ebenso ist die Schwitzhütte eine Möglichkeit, uns intensiv mit unserem Körper auseinanderzusetzen, vielleicht auch Grenzen kennenzulernen. Die Hütte ist eine Reinigungs- und in manchen Kontexten eine Heilungs-Zeremonie.
Aufbau und Ablauf der Schwitzhütte
Die Schwitzhütte besteht aus Weidenruten, die mit Decken so abgedeckt werden, dass im Inneren völlige Dunkelheit herrscht. Die Anordnung des Schwitzhüttenplatzes symbolisiert das Zusammenwirken von Mutter Erde (Hütte), Vater Sonne (Feuer), Großmutter Mond (Altar/ Erdhügel neben dem Eingang der Hütte) und dem Lebensbaum, dem zentralen Motiv für den spirituellen Weg der Lakota.
Das Feuer ist ein besonderes Feuer, das in bestimmter Art und Weise aufgebaut und entzündet wird. Wir hüten und ehren dieses Feuer, indem wir z.B. keine Abfälle verbrennen. Auch wird der Weg zwischen Feuer und Hütte während der Zeremonie nicht gekreuzt und nur vom Feuermann oder der Feuerfrau betreten

Im Feuer werden Steine (Großväter) erhitzt, bis sie rotglühend sind und sie der Feuermann ins Zentrum der Schwitzhütte bringt.
Die Schwitzhüttenzeremonie wird meist in vier Runden durchgeführt. Während jeder Runde, wenn die Tür geschlossen ist, verklingen Gespräche, werden Lieder gesungen, Gebete gesprochen und von Herzen kommende Gedanken geteilt. Zeit, sich mitzuteilen, für Gespräche oder Fragen, ist zwischen den Runden, wenn die Tür offen ist.
Wie lange eine Runde dauert, ist schwer vorherzusagen; meistens werden es zwischen 10 und 20 Minuten sein. Auch die Intensität der Hitze kann sehr unterschiedlich sein. Wenn die Tür offen ist, gibt es die Möglichkeit, die Schwitzhütte zu verlassen. Man geht dann für den Rest der Zeremonie allerdings nicht wieder hinein.
Aus Respekt vor denjenigen, die am Platz zwar teilnehmen, aber nicht mit in die Hütte gehen, und aus Rücksicht auf (gelegentliche) Passanten gehen wir z.B. mit Baumwollshorts oder mit Hüfttuch/ Lunghi bedeckt in die Schwitzhütte. Wer mag, nimmt zum Sitzen ein Handtuch mit. Alkohol oder Drogen gibt es weder in noch neben der Hütte. Männer und Frauen nehmen gemeinsam teil. Traditionellerweise sollten Frauen während ihrer Tage nicht in die Schwitzhütte gehen.
Zur Tradition der Schwitzhütte
In vielen Kulten gab und gibt es Praktiken und Rituale des gemeinsamen Schwitzens. Dabei gehen immer wieder unterschiedliche Bedeutungen Hand in Hand bzw. ineinander über: von körperlicher Reinigung und Hygiene über soziale/ gemeinschaftsstärkende Bedeutungen bis zu spirituellen und religiösen Vorstellungen. Auch das türkisch-arabische Hamam oder die finnische Sauna stehen in diesen Kontexten.
Die Form der Schwitzhütte, wie ich sie praktiziere, geht im Wesentlichen auf die Tradition der Lakota-Indianer aus Nordamerika zurück, wie sie von Archie Fire Lame Deer nach Westeuropa gebracht und gelehrt wurde. Ich habe sie von meinem lieben Freund Loïc de Bellabre übernommen, der seinerseits ein jahrelanger Schüler von Archie war bzw. derzeit seines Sohnes und Nachfolgers John Fire Lame Deer ist.
Auch wenn wir neben Lakota-Liedern auch solche aus anderen Kulturen singen, und auch jede/r das Ritual aus der eigenen Herkunft und Lebenseinstellung heraus mit Bedeutung füllt, ist es mir ein Anliegen, mit großem Respekt und Dankbarkeit an diese Tradition zu erinnern und anzuknüpfen.

Bitte melde dich bis 2 Wochen vorher an:
Michael Ney
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